Der Verein Stadtmarketing Jülich e.V. verlieh in 2019 zum dritten Mal den Jülicher Stadtmarketing-Preis an Personen bzw. Gruppierungen, die mit bemerkenswerten Aktivitäten zu einer nachhaltigen Steigerung der Attraktivität Jülichs beigetragen haben.

Wir wollen mit diesem Preis und dem Neujahrsempfang einen Beitrag zur Entwicklung des Stadtmarketing in Jülich leisten.

Die Neujahrsrede 2019 hielt Prof. Wolfgang Marquardt.

Zu dieser Veranstaltung luden wir in Kooperation mit dem Jülicher Bürgermeister Axel Fuchs herzlich ein.

Das Team des Museums Zitadelle, Foto: Arne Schenk

Laudatio auf das Museumsteam Zitadelle durch Carlo Aretz

Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren,
liebe Freunde des Museums Zitadelle Jülich,

eigentlich wollte ich meine Rede mit dem Satz beginnen „Es bereitet mir großes Vergnügen, hier zu sein“.

Das entspricht zwar durchaus der Wahrheit, aber dann fiel mir ein, dass schon Winston Churchill meinte, dass diese Worte nicht glaubwürdig sind, wenn ein Redner sie verwendet. 

Für sich selbst hat er dies britisch-lakonisch so formuliert: ‚Es gibt nur wenige Tätigkeiten, die mir großes Vergnügen bereiten – und Reden gehört nicht dazu.‘

Lassen Sie mich deshalb sagen – ganz ohne Vergnügen: Ich freue mich, heute hier zu sein“ – und das ist in erster Linie der Tatsache geschuldet, über wen und was ich hier und heute rede, ja reden darf.

Es geht um die Preisträger des Stadtmarketingpreises 2019. Und Preisträger ist in diesem Fall in der Tat nicht eine einzelne Person, der Plural ist richtig und zutreffend. Diese kurze Laudatio gilt schließlich einer kompletten Mannschaft – dem Team des Museums Zitadelle Jülich.

Vor einigen Wochen hat man mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, diese Laudatio zu übernehmen. Bevor ich dazu schließlich ja gesagt habe – denn eine solche Ehrung ist für alle Beteiligten eine bedeutsame Angelegenheit, habe ich über eine ganze Reihe von Aspekten erst mal ein wenig nachgedacht:

Zum Beispiel: Was führt man in den wenigen Minuten über so viele Menschen, die so wichtig sind, ins Feld – an Eigenschaften, an Begebenheiten, an persönlichen Begegnungen und Erfahrungen. Wie trifft man den richtigen Ton, wenn man sich über Menschen äußert, denen man wie selbstverständlich im Alltag begegnet und deren herausragende Leistung man aber oftmals trotzdem oder vielleicht auch deswegen gar nicht so richtig wahrnimmt.

Vor diesem Hintergrund habe ich daher noch einmal in meinen Erfahrungen als Geschäftsführer des Deutschen Glasmalerei Museums in Linnich gekramt, auch wenn jedes Museum natürlich sein eigenes Profil, seine eigene Geschichte und seine eigene Gegenwartsbewältigung besitzt.

Aber wir haben alle eine gemeinsame unverbrüchliche Plattform an Werten, auf denen unser Selbstverständnis beruht.

Museen und kulturelle Einrichtungen erfüllen in einer pluralistischen und weltoffenen Gesellschaft unverzichtbare Aufgaben: Sie sammeln und bewahren Kulturgüter, sie präsentieren Kunstwerke der Geschichte und sie lassen uns an den vielfältigen kulturellen Spuren der Menschheit dokumentierend und aufklärend teilhaben.

Kunst und Kultur sind sichtbare Prägestempel der Menschheit. Sie spiegeln von daher auch gar nicht so selten gesellschaftliche Debatten wider, sie bieten durchaus provokante Reibungsflächen zur Auseinandersetzung mit der tatsächlichen und vermeintlichen Wirklichkeit, sie weisen über das alltägliche Geschehen hinaus.

Kunst und Kultur sind zutiefst Ausdruck des menschlichen Daseins.

Für jeden Einzelnen von uns sind Kunst und Kultur für die Wesens- und Herzensbildung unverzichtbar. Kulturelle Bildung eröffnet neue Welten, sie bietet die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit sich selbst und mit der Kunst. Kulturelle Bildung und Kunstvermittlung sind unabdingbare Voraussetzungen für individuelle Kreativität und eigenes künstlerisches Schaffen. Sie sind Ausdruck der Individualität und auch der individuellen Freiheit des Denkens und Handelns.

So stellt sich die Frage: Welche Disziplinen, welche Qualifikationen ermöglichen ein solches kulturelles Leben und Erleben und vor allen Dingen, welche Menschen stecken dahinter, damit es in einer Stadt, einer Gemeinschaft das geben kann, was man gemeinhin und etwas lapidar als „kulturelles Leben“ bezeichnet und das doch ein so großes Stück unser aller Freiheit darstellt?

Und dann ergibt sich ein ganzer Kranz von Eigenschaften wie Teamgeist, Wissenskombination, Fachkompetenz, Identifikation, Kommunikation, aber auch ein hohes Maß an Engagement, womit dann das Team des Museums der Zitadelle Jülich schon einmal in seinen Kernkompetenzen beschrieben wäre.

Aber wer steckt eigentlich hinter einem solch´ ausgezeichneten Team?

Den Begriff Museumsteam kann man im Hinblick auf das Museumsteam der Zitadelle eng oder weit fassen. Eine klare Abgrenzung gibt es nicht, die Arbeit des Museums wird nicht nur getragen von den festangestellten Mitarbeitern, ohne die vielen

Ehrenamtler, die „Zeitverträgler“, die projektgebundenen Mitarbeiter und ohne die assoziierten Museumsfreunde, die mit Rat und Tat die Arbeit unterstützen, wäre das Museum ein anderes und – ich glaube – auch ein langweiligeres.

Nicht zu vergessen sind auch externe Kollegen und Kolleginnen, die als Dienstleister, Fachleute und Hobbyisten mit und ohne Bezahlung wichtige Beiträge zum Erfolg des Museums der Zitadelle Jülich leisten. Man gelangt dann unweigerlich zu der Frage:

Was zeichnet dieses Museumsteam und dieses Netzwerk einer so großen und heterogenen Gruppe aus?

Engagement für die Sache ist sicherlich ein Punkt, der zu nennen ist. Die Museumsmitarbeiter sind Überzeugungstäter, mit Freude an der Arbeit. Die Freiheit, sich seine Arbeitsbereiche, Aufgaben und Arbeitsplanung so weit wie möglich selbst zu gestalten, um sich im musealen Alltag effektiv und kreativ bewegen zu können, ist ein weiterer Punkt. Ein dritter ist die Verschiedenheit der Charaktere, Arbeitsweisen, Vorlieben und Denkweisen. Eine Verschiedenheit, die große Chancen birgt.

Gegenseitige Sympathie und Hilfsbereitschaft schließlich sind der Kitt, der die bunte Truppe zusammenhält. So wird vieles bewegt und vorangebracht. Die vielen erfolgreichen Aktionen und Projekte wären mit „Nine-to-five-Mitarbeitern“ niemals fristgerecht zu stemmen. Viele, die für eine befristete Zeit im Museumsteam mitarbeiteten, bleiben dem Museum auf viele Jahre treu verbunden.

Eine kleine Anekdote mag dies illustrieren: „An einem Freitagnachmittag – natürlich und ausgerechnet – entdeckt der Museumsleiter auf einer Baustelle zufällig ein Teil einer original römischen Jupitersäule. Selbstverständlich muss so ein wichtiges Teil der Stadtgeschichte für das Museum gesichert werden, aber einen Steinblock klemmt man sich nicht mal eben unter den Arm. Und bis Montag warten und einen Transport organisieren, wenn alle wieder im Dienst sind, hieße, das gute Stück über das Wochenende auf einer frei zugänglichen Baustelle liegen zu lassen. Formal korrekt, aber riskant.

Kurzerhand sprach der Museumsleiter vier Mitarbeiter an, die ohne zu zögern sich an die gemeinsame Rettungsaktion machten. Der eine hielt Wache, der andere holte eine Sackkarre, der dritte brachte Seile und Pappe, um das Fragment ohne das Profil zu verletzen zu verzurren, und so wurde das alte Säulenstück in einer spontanen Aktion mit vereinten Kräften sicher ins Museum gekarrt.“

Ein solches Engagement verdeutlicht den Zusammenhalt untereinander, aber auch die Identifikation mit dem Museum sowie die Begeisterung für den Erhalt von Kulturgütern. Eine Auszeichnung wie sie heute vorgenommen wird, trifft ohne Wenn und Aber genau die Richtigen und es bereitet mir – jetzt darf ich es sagen – ehrlicher Weise doch ein riesiges Vergnügen, dass es mir beschieden ist, die heutige Ehrung vorzunehmen für ein großartiges Team, das an der Geschichte, der Tradition und der Zukunft dieser unserer Stadt mit profundem Wissen, großem Engagement und einer gehörigen Portion Herzblut arbeitet. Dafür genießen sie meine absolute Hochachtung und meinen uneingeschränkten Respekt.

Hier sehen Sie die Auszeichnung

Von Links: Preisträger Guido Geyer und Sigrid Geyer-Byrau, Laudator Dr. Rüdiger Urban, Vorsitzender Wolfgang Hommel, Foto: Arne Schenk

Laudatio auf Sigrid Geyer-Byrau und Guido Geyer durch Dr. Rüdiger Urban

Liebe Frau Geyer-Byrau, lieber Herr Geyer!
Es war Mitte Dezember 2017, als ich über den Marktplatz radelte und dort einen Lieferwagen der Fa. Geyer sah. Ein Herr schleppte fleißig einen Sack Baumaterial nach dem anderen in das Haus nördlich des Marktplatzes. Augenscheinlich sollte hier gebaut werden. Die alte Eisdiele stand ja schon lange leer und endlich tat sich hier etwas. Nun, der Marktplatz ist ja nicht irgendein Ort in Jülich und so entschloss ich mich, den Herrn einfach anzusprechen. Ich würde gerne mit seinem Chef sprechen, was dieser für Pläne hier hätte. Erstens war der fleißige Herr selbst sein Chef und zweitens reagierte er – ich sage einmal – überrascht, dass sich jemand für seine Arbeit hier interessierte.
So kamen wir ins Gespräch, Herr Geyer, und ich muss sagen, es waren immer sehr offene und interessante Gespräche. Selten habe ich bei einem Bauherrn soviel Verständnis für den historischen Hintergrund des Erscheinungsbildes unserer Stadt gefunden. Und für die Tatsache, dass dieses charakteristische Erscheinungsbild aus der Zeit des Wiederaufbaus unter dem Schutz einer Denkmalbereichssatzung steht. Die frühere Ansicht dieser für Jülich so prägenden Gebäude auf der Nord- und Westseite des Marktplatzes war seit Jahren schmutzig und hässlich. Bei Führungen fiel es stets schwer, die Gäste von dem besonderen Stil dieser Gebäude und ihrer Bedeutung für den Nachkriegswiederaufbau zu überzeugen. Sie, Frau Geyer-Byrau und Herr Geyer, Sie aber haben es mutig in Angriff genommen. Sie sanieren diese Gebäude, Sie haben sie für das Café umgebaut, Sie passen sie an die Bedürfnisse einer neuen, älter gewordene Mietergeneration an. Und Sie orientieren sich dabei eben auch an den Anforderungen des Denkmalschutzes. Ein äußerst ambitioniertes Unterfangen.

Denkmalschutz, immer wieder Denkmalschutz! Lassen Sie mich hier betonen, meine Damen und Herren, Denkmalschutz ist kein Selbstzweck. Denkmalschutz soll nicht dazu dienen, nur alte Steine vor dem Schreddern zu bewahren oder den Bauherren das Leben schwer zu machen. Im Gegenteil! Beim Denkmalschutz steht der Mensch im Mittelpunkt – nicht das Denkmal! Ich zitiere die Deutsche Stiftung Denkmalschutz: „… als Denkmale ausgewiesene Zeugnisse historischer Architektur prägen das Lebensgefühl der Menschen in besonderer, ganz anschaulicher und unmittelbarer Weise. Für Einheimische stellen sie Vertrautheit her, rufen Traditionen wach und vermitteln ein Gefühl von Heimat. Für Touristen machen regionaltypische und unverwechselbare Ortsbilder … , den Reiz einer Stadt …. aus. An Denkmalen lassen sich historische Ereignisse und Entwicklungen ablesen, dabei wird ihnen gar die Eigenschaft zugesprochen, Identität zu stiften.“

Mit der harmonischen, dem Geist des Denkmalbereichs entsprechenden Sanierung und Modernisierung von Teilen der Marktplatzbebauung füllen unsere beiden Preisträger diese Worte mit Leben. Dank Ihrer Initiative und der damit einhergehenden Ansiedlung des „Cafés Extrablatt“ ist es Ihnen, liebe Frau Geyer-Byrau, und Ihnen, lieber Herr Geyer, gelungen, dem Marktplatz im Herzen der Stadt eben ein Stück seiner Identität zurückzugeben und ihn – zu Teilen zumindest – wieder neu zu beleben. Bürgerinnen und Bürger fühlen sich dort augenscheinlich sehr wohl! Herzlichen Dank!

Wie unsere ersten Stadtmarketing-Preisträger vor zwei Jahren, die Familie Berchem, setzen Sie mit Ihrer Initiative auch ein Zeichen für unsere Stadt. Sie geben Beispiel für andere Investoren im Bereich der Pasqualinischen Altstadt. Wir erleben hier derzeit einen wahren Bauboom. Sicher muss jede Zeit ihren Baustil finden. Doch sollte es für Bauherren und Architekten reizvoll sein, den charakteristischen Stil ihrer Stadt als Herausforderung anzunehmen und ihn in einer angemessenen Architektursprache fortzuschreiben. Bauherren gestalten nicht nur einfach ein Gebäude. Sie tragen mit seiner Kubatur und der Gestaltung der Fassade auch die Verantwortung für das zukünftige Erscheinungsbild ihrer Stadt. Bei den Gebäuden unserer Laureaten kann man beobachten, dass es dabei – aufgrund der speziellen Jülicher Rahmenbedingungen – auf zahlreiche Details einer Fassade ankommt.

Lassen Sie mich hier nur auf wenige dieser Details eingehen. So z.B. auf die Erdgeschossfassade des Cafés. Die Geschäftswelt ist leider im Laufe von über 60 Jahren speziell mit den Erdgeschossfassaden der Wiederaufbauzeit, ich sage es, wie es ist, brutal umgegangen. Schauen Sie sich das Erdgeschoss der Westseite des Marktplatzes oder das alte Röttgen-Gebäude an. Da bekommen Sie einen Eindruck davon, wie individuell gestaltete Schaufensterfassaden in Jülich einmal aussahen – große, zurück versetzte Schaufenster in einer mit Naturstein verkleideten Fassade. Sie sollten den Passanten einen arkadenähnlichen Eindruck vermittelten. Und so wurden diese Straßenfronten prägend für den durchaus kleinstädtischen Charakter der Jülicher Altstadt, einer ja im Grunde aus nur weinigen Straßen bestehenden Stadt. Was im Laufe der Jahre leider daraus wurde, sind sehr oft gesichtslose Aneinanderreihungen von bis zum Boden reichenden Glasscheiben, wie sie eher einer Großstadt gemäß sind, aber den individuellen Charme einer kleinen Stadt zerstören. Und so ist es eben nicht verwunderlich, dass die überkommenen alten Fassaden bei Führungen von den Gästen – und auch von den Einheimischen, möchte ich hier betonen – ausnahmslos als ansprechend empfunden werden. Das sollte uns zu denken geben.

Wie man nun an der Fassade des Cafés erkennen kann, wurde hier ein Weg gesucht, den Wunsch nach einer im Sommer zu öffnenden Glasfront mit dem Historischen zu verbinden. Um diesen ansprechenden Charakter wieder zu beleben, wurde den Zwischenwänden bewusst der Charakter von Pfeilern gegeben, indem diese nach vorne aus der Wand herausgezogen und mit Naturstein verkleidet wurden. Zudem wurde so auch der Eckpfeiler zum Marktplatz hin besonders betont.

Auch wurden die Fenster des Dachgaubenbandes so weit wie bautechnisch möglich verschoben, um wieder einer senkrechten Fluchtung mit den Fenstern in den beiden Obergeschossen nahe zu kommen. Wenn jetzt dort auch wieder Sprossenfenster einziehen, ist es der stimmige Gesamteindruck des Gebäudes, der den Marktplatz ein Stück mit prägen wird. Wobei der Westflügel ja noch in Arbeit ist.

Wichtig ist eben nicht nur die Denkmalbereichssatzung. Sie gibt nur die grobe Gebäudestruktur, Höhe und Ausrichtung vor. Für das ansprechende, stimmige Bild sorgen eben erst die – manchmal auch nur kleinen Details einer Fassade. Deswegen brauchen wir in Jülich, wie in jeder anderen Stadt mit einer Denkmalbereichssatzung auch, eine Gestaltungssatzung. Sie erst spannt für das Erscheinungsbild den Rahmen auf.

Damit wäre auch unserer Laureaten geholfen gewesen. Stattdessen ist es Ihrer Aufgeschlossenheit zu verdanken, dass sie sich in die Thematik eingearbeitet und fachmännischen Rat eingeholt haben. So sind sie diesen Details nachgekommen, die darüber entscheiden, ob sich das neue Erscheinungsbild in den Denkmalbereich einfügt, ob damit sein Geist gelebt wird, ob auch in Zukunft Ambiente und Flair der Jülicher Innenstadt viele Bürgerinnen und Bürger sowie unsere Gäste ansprechen.

So stellt Denkmalschutz auch Stadtmarketing dar! Und daher ist es nur konsequent und folgerichtig, dass Sie, liebe Frau Geyer-Byrau, und Sie, lieber Herr Geyer, mit dem diesjährigen Preis des Stadtmarketings Jülich ausgezeichnet werden! Unseren ganz herzlichen Dank für Ihr herausragendes Engagement für unsere Stadt und ihre Menschen! Weiterhin viel Erfolg für Ihr Projekt!
Herzlichen Glückwunsch!

Hier sehen Sie die Auszeichnung